Rede im Landtag am 6. Oktober 2016

Veröffentlicht in Landespolitik

zum Antrag „Bonn als Bundestadt und politisches Zentrum erhalten und stärken“

 

-  es gilt das gesprochene Wort -

 

Anrede,

 

seit 26 Jahren feiern wir nun den Tag der Deutschen Einheit - unseren Nationalfeiertag - am 3. Oktober, dieses Jahr in Dresden. Dies ist die passende Gelegenheit in dieser Plenarwoche über den gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zu beraten.

Natürlich werden viele Dinge in diesem Haus kontrovers diskutiert. Doch wir alle tun gut daran, bei diesem bedeutenden Thema für die Menschen meiner Heimatregion die Gemeinsamkeiten zu betonen. Wir wollen „Bonn als Bundestadt und politisches Zentrum erhalten und stärken“.

 

Anrede,

blicken wir zurück. Am 20. Juni 1991 stimmte der Deutsche Bundestag in einer legendären Sitzung mit 338 zu 320 Stimmen für den „Antrag zur Vollendung der deutschen Einheit“, den Berlin-Antrag. 1994 verabschiedete er das darauf fußende Bonn-Berlin-Gesetz.

Ich will unterstreichen: Dies war der richtige Beschluss heute wie damals. Wolfgang Schäuble sprach 1991 davon, es gehe nicht um Bonn oder Berlin, sondern „um unsere Zukunft im vereinten Deutschland, das sein innere Einheit erst noch finden muss“.

Gleichzeitig sage ich aber: Ich bin mir sehr sicher, dieser Beschluss für Berlin wäre nicht getroffen worden, wenn er nicht die für Bonn zugesicherten Kompensationen enthalten hätte. Denn der Berlin-Beschluss war ein Kompromiss. Er konzedierte eine eindeutige und faire Arbeitsteilung zwischen den beiden Bundesstädten Bonn und Berlin.

Vor diesem Hintergrund fordern wir: Das Bonn-Berlin-Gesetz darf nicht weiter ausgehöhlt werden.

Irritierend ist, was ich dazu im CICERO, 20. Juni 2016, lese: „Bonn, die einstige Bundeshauptstadt, leidet unter Phantomschmerzen. Es gibt hier einen „Bundeskanzlerplatz“ und ein „Kanzleramt“ ohne Kanzler oder Kanzlerin und ein „Präsidialamt“ ohne Präsident. Eine U-Bahn-Station nennt sich immer noch  unverdrossen „Auswärtiges Amt“, obwohl dieses längst am Werderschen Markt in Berlin steht.“

 

 

 

Was ich hier im Politmagazin CICERO lese, ist nur nicht nur zynisch. Hier wird eine Haltung deutlich, sie ein Schlag in das Gesicht der Region. In das Gesicht der Menschen meiner Heimat.

Es gilt: „Pacta sunt servanda!“ Verträge sind einzuhalten! Und darauf pochen wir mit unserem Antrag!

 

Anrede,

was motiviert uns dazu? Kleinlicher Lokalegoismus oder Kirchturmsdenken sind uns fern. Die schleichende Aushöhlung der Bonn-Berlin-Vereinbarung ist deswegen so bedauerlich, weil sich die Bundestadt und die gesamte Region gut entwickelt haben – gerade wegen der unterstützenden Wirkung des Gesetzes. Bonn blickt auf eine mustergültige Entwicklung in den letzten 25 Jahre zurück, die nun nicht gefährdet werden darf.

 

Weiterhin gilt nach Art. 20 GG das Bundesstaatsprinzip.  Doch als zentrales Argument will ich etwas anderes anführen: Die Aushöhlung der Bonn-Berlin-Vereinbarung erfüllt nicht nur uns, sondern auch die Menschen in meiner Heimat mit Sorge.

 

Dabei ist es schon lange traurige Realität geworden und von den Kommunalen in Bonn und in den Landkreisen meiner Heimat gerügt worden, dass die Bundesregierung die im Bonn-Berlin-Gesetz vereinbarte „hälftige Arbeitsteilung“ seit 2008 nicht mehr einhält. Aktuell arbeiten lediglich 6521 Regierungsmitarbeiter in Bonn und 11451 in Berlin. Wir wollen die Menschen in meiner Heimatregion in den Blick nehmen.

 

Einer dieser Menschen ist ein guter Freund, der im Bundesinnenministerium arbeitet. Er ist ein Gesicht für viele Menschen und Familien in der Region, die immer wieder durch „ein Rütteln“ am Bonn-Berlin-Gesetz verunsichert werden. Denn sie haben sich auf die  geschlossenen Vereinbarungen verlassen. Sie haben darauf im wahrsten Sinne des Wortes „gebaut“, sich niedergelassen, Beziehungsnetze gesponnen und Heimat gefunden. „Gesetzeswidrige Raubzüge beim Personal“, wie die im Jahr 2015 von Herrn De Maiziere, haben zu unterbleiben. Denn die Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn funktioniert. Wir sprechen hier von Menschen, und nicht von Figuren auf einem Schachbrett, meine sehr verehrten Damen und Herren.

 

Sollten weitere Ministerien Bonn verlassen, so ist zu befürchten, dass wohl auch die Vereinten Nationen und viele NGOs wegziehen. Es geht nicht an, jetzt alles Vereinbarte ad absurdum zu führen, nur weil man ein Vierteljahrhundert später glaubt, alle Ministerien müssten an die Spree ziehen. Das Bonn-Berlin-Gesetz gilt unverändert - auch heute. 

 

Sprechen wir über die Kosten. Wie viele Tage verbringt ein Bonner Regierungsbeamte durchschnittlich im Jahr auf einer Dienstreise nach Berlin?

Es sind - sage und schreibe - zwei.

 

Die Kosten für zwei Regierungssitze liegen jährlich  bei rund fünf Millionen Euro. Die Kosten für einen Komplettumzug vom Rhein an die Spree beträgen mindestens fünf Milliarden Euro.

Für die Vier-Millionen-Menschen in der Region zwischen Köln und Koblenz wäre der Totalverlust der Regierung mit dem Verlust von 30.000 Arbeitsplätzen und von 400 Millionen Euro an jährlicher Kaufkraft verbunden.

 

Deswegen lassen Sie uns im Interesse der Region, aber vor allem der Menschen heute ein starkes und eindeutiges Signal geben und „Bonn als Bundestadt und politisches Zentrum erhalten und stärken“.

 
 

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