Haushaltsrede von Clemens Hoch im Stadtrat am 15.12.2011

Veröffentlicht in Aktuell

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren!
 
"Ende 2011 hat Andernach keine Schulden mehr!" so hat Lars Hörnig vergangenes Jahr seine Haushaltsrede für die SPD eröffnet. Ein paar weitere fromme Wünsche waren auch dabei. Und wie wir das alle noch aus Kindertagen wissen: die meisten Wünsche gehen nicht in Erfüllung. Aber was er als Utopie dargestellt hat, ist zumindest in einem Punkt eingetreten. Andernach kommt zum Jahresende wohl ohne Kassenkredite aus. Das allein ist schon eine kleine Sensation. Wenn Mayen deutlich über 30 Millionen Euro das Konto überziehen muss und selbst in Kruft und Plaidt die Millionengrenze deutlich überschritten wird, zeigt dass wie gut Andernach aufgestellt ist.

 
Dass es uns so gut geht liegt an sensationellen Gewerbesteuerzahlungen und einem wirklich großen Zuwachs bei der Einkommensteuer. Dass es uns so gut geht, liegt also zuvorderst an den fleißigen Menschen, erfolgreichen Unternehmern und vor allem an einem vorbildlichen ehrenamtlichen Engagement in unserer Stadt, ohne dass die öffentliche Hand einpacken könnte. Dafür möchte ich namens der SPD Fraktion herzlich Danke sagen.
Bedanken möchte ich mich aber auch besonders bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Stadtverwaltung mit Achim Hütten und Claus Peitz an der Spitze. Ohne sparsame Haushaltsführung und ohne kreative Ideen, stünden wir nicht so gut da.
Auch wenn Eigenlob stinkt und wir in der Weihnachtszeit lieber an leckeren Zimt- und Bratapfelgeruch denken: es liegt auch ein kleines bißchen an uns. Wir alle haben - trotz der Differenzen die schon mal notwendig sind - unsere Stadt im Blick und suchen die Gemeinsamkeiten und nicht auf Teufel komm raus die Unterschiede. Da lässt es sich sogar schonmal verknusen, wenn aus Kell noch auf den letzten Drücker "Ich will aber noch" Vorschläge kommen, in Miesenheim die Leute Jeck gemacht werden mit unfinanzierbaren Kunstrasenvorschlägen und in Eich die öffentliche Hand hohe Investitionen tätigen soll, damit Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer morgens allenfalls fünf Minuten Fußweg sparen. Ich freue mich, trotz aller Differenzen in der Sache hier in Andernach ein kollegialer, respektvoller und sogar häufig freundschaftlicher Stil herrscht. Dafür sage ich Danke.
 
Auch wenn wir jetzt so gut dastehen. So gut, dass wir bislang nicht in den Entschuldungsfonds des Landes können. Was mich persönlich schon etwas wurmt, da wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, während andere Gemeinden einfach so weitermachen wie bisher und wir über den Kommunalen Finanzausgleich den Fonds mitfinanzieren müssen. Auch wenn wir nächstes Jahr erneut die langfristige Verschuldung absenken. Wir verantwortungsvoll investieren, konsolidieren und vorsorgen. So brauchen wir doch kurzfristig wieder Kassenkredite. Insbesondere um die Kreis- und Gewerbesteuerumlage bedienen zu können. Und das größte Schwert des Damokles hängt ja schon länger über uns. Bei uns ist es aber kein Roßhaar, sondern eher ein Ringelschwänzchen.
Die Sünden der Vergangenheit holen uns ein. Zu sorgloseren Zeiten wurde dem Schlachthof, unbestritten aus öffentlichem Interesse, eine Bürgschaft gegeben. Mit 2,5 Millionen Euro außerhalb des Haushalts an Kassenkrediten könnte uns das belasten. In der Bilanz haben wir von Anfang an Vorsorge dafür getroffen und Rückstellungen gebildet. Insofern wird es uns das Ergebnis nicht verhageln. Aber die Liquidität brauchen wir doch. Mal sehen. Ich finde es sehr schade, ja fast beschämend, dass es nicht möglich war, mit so vielen vernünftig und artgerecht züchtenden Landwirten und einer tollen, qualitativ hochwertigen Handwerksstruktur eine regionale Vermarktungslinie aufzubauen. Das wäre wirklich vorsorgendes und nachhaltiges Handeln im Sinne des Verbraucher-, des Tier- und des Umweltschutzes gewesen. Wir als Stadt haben hier die Türen weit aufgemacht, auch finanziell, aber andere machten sie wieder zu.
 
Es gilt aber der alte Andernacher Grundsatz: Nichts ist so schlecht, dass es für irgendwas gut ist. Durch die Kassenkredite, die wieder neu dazukommen, wird vielleicht doch eine Teilnahme am Kommunalen Entschuldungsfonds möglich. Das würde die Belastung im nächsten Jahr wenigstens abmildern.
 
Für mich die erfreulichste Entwicklung ist sicher Tourismus. Es sieht wohl so aus, dass Geysir.info dieses Jahr eine schwarze null schreiben kann. Wir haben hier ein touristisches Highlight, das schon zum zweiten Mal deutlich über 100.000 Besucher anlockt, die auch zum Konsum in der Stadt deutlich beitragen, wie neueste Studien zeigen. Und das alles trägt sich. Ein herzlicher Dank geht da an Herrn Heller und sein Team. Tolle Arbeit: macht weiter so.
Gerade wir als SPD hätten hier gerne mehr getan. Unser Antrag, die Rheinanlagen weiter aufzuwerten konnte im nächsten Jahr wegen der knappen Mittel noch nicht realisiert werde. Noch sage ich bewusst, wir müssen hier kontinuierlich am Ball bleiben, um nicht nachher noch mehr Geld aufwenden zu müssen.
 
Das gilt auch für die städtischen Wohnungen. Hier muss kontinuierlich saniert und renoviert werden, damit es nicht irgendwann zum Investitionsstau kommt. Ein Aspekt, wenn auch ein wichtiger, sind die Installation von  Rauchwarnmeldern, deshalb haben sie auch Eingang in die Ziele und Kennzahlen gefunden. Zumindest genauso wichtig ist aber die energetische Ertüchtigung. Wir haben jetzt schon einen guten Aufschlag in der Bodelschwingstraße gemacht, aber das kann nur ein erster Schritt sein. Gut, dass wir hier auch eine Photovoltaikanlage installiert haben. Gesparte Energie, ist die beste Energie, aber selbst und regenerativ erzielte ist mir genauso lieb.
 
Wenn ich aber überlege, was wir vor Jahresfrist für Diskussionen darum führen mussten, weil die CDU zunächst dagegen war, und wir sogar einen Sperrvermerk ausbringen mussten. Die Diskussion bei den Stadtwerken zur Photovoltaikanlage auf dem Hallenbad sind mir auch noch im Ohr. Jetzt habe ich doch mit großer Freude gelesen, dass die CDU endlich den richtigen Weg beim Thema Energie gefunden hat. Auch wenn sie jetzt meint, sich in einem wohlklingenden Antrag an die Spitze der Bewegung setzten zu wollen, so reicht Ankündigungspolitik nicht aus. Ich erinnere mich noch gut an Ihre Skepsis, als wir unter anderem vorgeschlagen Photovoltaik auf allen städtischen Gebäuden, LEDs in Straßenlaternen oder Wärmegewinnung aus Abwasser. Wenn es konkret wird, haben Sie bisher immer Schwierigkeiten gemacht. Machen wir doch etwas Fleisch an den Antrag.
 
Ich beantrage hiermit seitens der SPD Fraktion zu prüfen und uns vorzulegen: Welche städtischen Liegenschaften eignen sich für Photovoltaik und damit für die regenerative Stromerzeugung? Welche Flächen in der Gemarkung Andernach können für Windkraftanlagen genutzt werden? Lohnt es sich im Freibad auf Kraft-Wärme-Kopplung oder Solarthermie zu setzen und es so zu attraktivieren, so Kosten zu sparen und es so auf Dauer zu halten? Ist das oberste Deck der defizitär wirtschaftenden Hochgarage nicht besser mit Strommodulen zu versehen? Dafür bietet es sich doch eigentlich auf den ersten Blick an.
 
Lassen Sie uns diesen Weg gerne gemeinsam gehen. Es freut mich, dass Sie von der CDU die Zeichen der Zeit erkannt haben, aber es bringt nichts, Schnellschüsse zu machen. Das alles muss auch im Zusammenhang mit den Stadtwerke und den auslaufenden Pachtverträgen 2014 gesehen werden.
Einen besonderen Dank möchte ich heute namens meiner Fraktion an Herrn Lenz aussprechen. Morgen ist es so weit. Der Kapitän geht von Bord. Auch wenn die See in Zukunft vielleiht etwas rauer wird, Sie hinterlassen einen Kahn, der gut in Schuss ist. Auch wenn es Ihre Nachfolger vielleicht ein bißchen schwerer haben werden, weil der lukrative Pachtvertrag mit der RWE ausläuft. Sie hinterlassen ein gut bestelltes Haus. Ohne Ihre unternehmerische Weitsicht und ihre Risikobereitschaft, wären die Investitionen im Hafen nicht möglich gewesen. Ohne Sie hätten wir vielleicht das Geld einfach im städtischen Haushalt verbraucht, ohne die heimische Wirtschaft stünde mit einem Bein weniger da. Auch haben Sie nie das Gesamtinteresse der Stadt aus den Augen verloren. Sie haben uns unser Hallenbad erhalten. Sie betreiben einen Stadtlinienverkehr, der seinesgleichen sucht.
Ich danke Ihnen und ihrem Team für Ihre Arbeit. Bei allen Diskussionen die es gab und die sicher auch notwendig waren. Es hat mir große Freude bereitet, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen.
 
Die Stadtwerke bewirtschaften auch mit Erfolg die Tiefgarage und das Parkaus. Nun planen wir in den kommenden Jahren Investitionen in ein Parkdeck in einer Größenordnung von über 2.270.000 Euro. Ich beantrage zu prüfen, ob es nicht sinnvoll ist, wenn der anschließende Betrieb und die Bewirtschaftung auch von den Stadtwerken aus einer Hand übernommen werden kann.
 
 
Vor einiger Zeit haben wir auf die Doppik umgestellt und so richtig warm geworden sind wir als Ratsmitglieder damit noch nicht. Einen deutlichen Effekt merken wir aber. Es werden die tatsächlichen Kosten öffentlicher Leistungen und der ressourcenverbrauch offenbar. Das merken wir besonders dann schmerzhaft, wenn Gebühren steigen müssen. So wie bei der Straßenreinigung. Auch wenn die Erhöhung diesesmal etwas deutlicher ausfällt, ist Sie vor dem Hintergrund der Lohn- und Preissteigerungen sehr moderat. Und vor allem, wenn man bedenkt, dass wir in den letzten beiden Jahren über 400% mehr für Streusalz ausgeben mussten. Wenn dieser Winter allerdings so bleibt, bin ich sehr zuversichtlich, dass im nächsten Jahr sicher keine Gebührenerhörung deshalb kommen muss.
 
Ähnliches gilt für den Friedhof. Hier sind unsere kalkulierten Gebühren auf Dauer nicht kostendeckend. Da der Friedhof aber eine kostenrechtliche Einrichtung ist, kann das so nicht bleiben. Trotzdem wäre es unzumutbar, auf einen Schlag hier eine riesige Anpassung vorzunehmen. Wir haben uns entscheiden, mit einer Änderung der Satzung ein Stückweit eine Veränderung der Gebührenstruktur vorzunehmen.
Damit Bürgerinnen und Bürger für die gleiche Leistung aber nicht einfach nur mehr Geld zahlen müssen, beantrage ich für die SPD Fraktion, den Friedhof endlich sauber und ordentlich zu machen. Nehmen wir das Beispiel Gießkannen oder Abfälle. Gerade im hinteren Teil sieht es eher aus wie bei Hempels unterm Sofa, als wie auf einer würdevollen Ruhestätte. Hier muss was geschehen. Ich bitte darum, den zuständigen Ausschuss über kurz- und mittelfriste Maßnahmen der Verbesserung zu unterrichten.
 
Unser Schwerpunkt des kommenden Jahres und der kommenden Jahre liegt sicher erneut auf den Investitionen. Kindertagesstätten und Straßenbau sind dabei unsere größten Positionen. Besonders wichtig ist der SPD er Ausbau der Kindertagesstätte Löwenzahn. Hier wollen wir etwa eine halbe Million Euro in die Erweiterung stecken. Wir sind schon die Stadt in Rheinland-Pfalz mit der besten Betreuungsquote unter Dreijährige. Das lässt uns aber nicht ruhen. Wir wollen hier konsequent und vor allem qualitativ hochwertig weitergehen.
Vielleicht kommt ja endlich auch die Sanierung des Andernacher Bahnhofs und die Gestaltung des Vorplatzes. Ein Projekt, auf das wir lange Zeit warten mussten. Für die Sanierung des Kurfürstendamms haben wir 1,3 Millionen Euro vorgesehen. Ein großes Straßenbauprogramm wird auch nächstes und in den Folgejahren umgesetzt.
 
Ich beantrage weiterhin zu prüfen, ob nicht im Zuge dessen bereits Lehrrohre für den Breitbandausbau mit in die Erde gebracht werden könnten. Wir haben vernünftiger Weise immer Kanal und Straßenbau aufeinander abgestimmt. Moderne Infrastruktur umfasst aber auch Breitbandlösungen. Die never-ending-story mit Kell zeigt uns, dass wir hier noch vorausschauender Handeln müssen. Auch wenn ich bei Kell die Hoffnung noch nicht aufgegeben habe, dass wir hier jenseits der zukünftigen Grundversorgung über LTE, im Breitbandbereich etwas tun, so haben sich alle Beteiligten Stellen inklusive und zuvorderst der EU hier nicht mit Ruhm bekleckert.
 
Wir werden 2012 die Stadtsanierung fortführen. Wir wollen, dass wieder mehr Menschen in der Altstadt lebenswert und zukunftsfest wohnen, leben und arbeiten. Dazu gehört auch, mit unserer historischen Substanz pfleglich umzugehen. Eine Sanierung des Alten Krahnen ist für uns Freue und Verpflichtung zugleich. Das selbe gilt für den Erhalt der Römerfunde auf dem Weißheimer Areal. Wir haben hier im Haushalt mal den Verkauf des Geländes für über 2 Millionen Euro eingeplant. Mal schauen, ob es ein Hotel dort geben kann. Ich selbst kann mir auch gut Wohnbebauung vorstellen.
 
Hoffentlich kann im Jahr 2012 endlich die Skaterbahn auf dem Gelände des Jugendzentrums kommen Hier war zwar die SPD Andernach Initiator, aber dass sie realisiert werden kann, ist in erster Linie dem Engagement vieler Jugendlicher zu verdanken. Das war vorbildlich. Das ist gelebte Demokratie. Das ist gegen Politikverdrossenheit. Dafür bedanke ich mich im Namen der ganzen SPD Fraktion bei allen, die diese Jugendpartizipation möglich gemacht haben. Schon im abgelaufenen Jahr wollten wir das machen, uns wurde aber die Genehmigung versagt. Wir stehen hier im Wort. Ich hoffe, dass nicht wieder eine Verfügung die Pläne zunichte macht. Sonst schüren wir bei diesem vorbildlichen Engagement eher die Politikverdrossenheit, als dass wir sie bekämpfen.
 
Und das für mich wichtigste Anliegen zum Schluss. Meine Fraktion ist und war ein großer Fan der Einführung eines wiederkehrenden Beitrags bei der Finanzierung des Straßenbaus. Ich finde, das würde das Abrechnungswesen gegenüber den einmaligen Beiträgen deutlich gerechter und vor allem durch Sondereffekte wohl für alle günstiger werden. Die Vorlageentscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz hat hier aber eine Rechtsunsicherheit gebracht. Wir wollen nun zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten. Sollte danach weiterhin die Einführung eines wiederkehrenden Beitrags in Andernach möglich sein, beantrage ich heute schon für die SPD Fraktion eine Bürgerbefragung. Die SPD will bei einer solch wesentlichen Umstellung die Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidungsfindung einbinden.

 
 

Homepage SPD Stadtverband Andernach

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